Einleitung: Ausführliche Projektbeschreibung und Provenienz der historischen Luftaufnahmen von Berlin

Veröffentlicht am 10. Mai 2021

Einleitung: Ausführliche Projektbeschreibung und Provenienz der historischen Luftaufnahmen von Berlin

Die Internetseite unter der Adresse www.trolley-mission.de beschäftigt sich hauptsächlich mit der Auswertung alter Fotos sowie mit der Analyse historischer Luftaufnahmen, die während der sogenannten „Observation Flights“ der damaligen United States Army Air Forces (USAAF) bzw. der heutigen United States Air Force (USAF) kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges erstellt worden sind. Diese „Observation Flights“ werden gemeinhin als „Trolley Missions“ bezeichnet und zeigen historische Luftbilder von Europa aus dem Jahr 1945, insbesondere von Deutschland, von Belgien, von den Niederlanden, von Frankreich und teilweise von Großbritannien. Die ehemalige Reichshauptstadt Berlin war zwar häufig das Ziel alliierter Luftangriffe, gehörte allerdings nicht zur zur Destination der „Trolley Mission“.

Markus Lenz, der über viele Jahre hinweg die „Trolley Mission“ aus luftfahrthistorischer sowie aus flugnavigatorischer Perspektive analysiert hat, forscht und publiziert darüber hinaus im Bereich der deutschen und europäischen Luftfahrtgeschichte und arbeitet nebenberuflich als Sachverständiger in internationalen Luftbildarchiven und Bilddatenbanken. Seine Leistungen umfassen u.a. die professionelle Auswertung historischer Schräg- und Senkrechtaufnahmen sowie die Erstellung von Auftrags- und Forschungsarbeiten, die auf Ersuchen von Museen, Bibliotheken, Staats- und Landesarchiven, Unternehmen sowie Architektur- und Ingenieurbüros durchführt werden.

Entdeckung der Berliner Mauerbilder

Als er im Rahmen der „Trolley Mission“ forschte, führte ihn die Recherche zunächst ins Bildarchiv des „National Archives and Records Administration“ in Washington, also dem Nationalarchiv der Vereinigten Staaten von Amerika, das für den Schutz und für den Erhalt historischer und staatlicher Dokumente verantwortlich ist. Von dort aus führte sein Rechercheweg in die ebenfalls in Washington angesiedelte „Library of Congress“, also die in die öffentlich zugängliche Forschungsbibliothek des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika, die über einen einzigartig großen Medienbestand verfügt. Schließlich stolperte er - immer noch auf der Suche nach US-amerikanischen Luftaufnahmen der „Trolley Mission“ von Deutschland und Europa - ins Archiv der „Air Force Historical Research Agency“ auf der Maxwell Air Force Base nahe der Stadt Montgomery im Bundesstaat Alabama, wo ausschließlich historische Dokumente der United States Air Force archiviert werden. Die Suche, u.a. nach dem Schlagwort „Germany“, führte in den Mikrofilm- und Archivkatalogen der oben genannten Institutionen schließlich zu einem völlig unerwarteten Zufallsfund, der Markus Lenz‘ Neugierde fesseln sollte. Er fand Luftaufnahmen aus den 1960’er Jahren, die unmittelbar über der damaligen Berliner Mauer von der „United States Army Berlin Brigade“ erstellt worden waren.

Die Grenze zwischen West-Berlin und Ost-Berlin, die seinerzeit noch aus Stacheldraht und aus Barrikaden aus Holz bestand, wurde von der „Berlin Brigade“ an unterschiedlichen Standorten photographiert. Auf den ersten Blick waren beispielsweise die Bernauer Straße, das Ufer der Spree unmittelbar am Reichstag oder das Brandenburger Tor eindeutig zu erkennen. Aber auf den zweiten und dritten Blick reichten die Ortskenntnisse von Berlin nicht aus, um etwa die Lohmühleninsel oder gar die Überreste des Görlitzer Bahnhofes zu identifizieren. Freilich hätte ein in Berlin Gebürtiger weniger Schwierigkeiten, Bilder von „damals“ und „heute“ zu identifizieren. Doch Markus Lenz, der in Frankfurt am Main geboren wurde und bislang nur ein gutes Dutzend Male in Berlin war, hatte erhebliche Schwierigkeiten, Straßen, Gebäude, Plätze und andere Bauwerke im Spiegel der Zeit wiederzuerkennen.

Archiv der Berliner Senatsverwaltung

Seiner Ortsunkenntnisse Berlins wegen wandte er sich an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, um dort zu erfragen, welche historischen Bild- und Kartenbestände - insbesondere Luftaufnahmen - verfügbar seien, um die Berliner Mauerbilder der „Berlin Brigade“ identifizieren zu können. Man verwies auf das „Geoportal Berlin“ - besser bekannt als „FIS Broker“, also auf das fachübergreifende Informationssystem, das einen zentralen Zugang zu Karten und anderen raumbezogenen Daten, Diensten und Anwendungen ermöglicht. Das ursprüngliche Ziel, die Berliner Mauerbilder der „Berlin Brigade“ zu identifizieren, rückte teilweise in den Hintergrund, weil er drei bemerkenswerte Luftbildbestände im „FIS Broker“ gefunden hatte, die in jeglicher Hinsicht - sei es historisch, pädagogisch, städteplanerisch oder einfach nur touristisch - einzigartig und wertvoll sind. Markus Lenz entdeckte den Bestand „Luftbilder 1954“, der aus über 260 Schrägluftbildern von Teilgebieten West-Berlins besteht, die während einer Befliegung im Juni 1954 entstanden sind. Danach fand er den Bestand „Luftbilder 1959“, der knapp 450 Senkrechtaufnahmen für Teilgebiete West-Berlins beinhaltet. Diese Bilder wurden im Zeitraum vom 7. bis zum 11. Oktober 1959 erstellt und zeigen die Stadt aus der Luft freilich noch ohne Berliner Mauer und ohne Grenzstreifen.

Interessanterweise beginnt und endet eine jede Befliegung direkt über der Grenze zwischen DDR und BRD bzw. zwischen Ost-Berlin und West-Berlin. Ein Blick in den Osten bzw. hinter die Grenze bleibt verwehrt und es hat den Anschein, dass die Spaltung in Ost und West, die Teilung Berlins, der Mauerbau und schließlich die eiszeitähnlichen Verhältnisse im Kalten Krieg dazu geführt haben, dass die Befliegungen im stadtplanerischen Auftrag des Senates von Berlin zwar von den alliierten Besatzungsmächten genehmigt wurden, aber stets unmittelbar vor bzw. über der „Zonengrenze“ endeten. Dieser Umstand darf nicht verwundern, denn schließlich war das Photographieren von Grenzanlagen in der DDR streng verboten. Doch Markus Lenz entdeckte den Bildbestand „Luftbilder 1989“ und konnte seinen Augen kaum trauen, denn bei einem Bildflug am 25. April 1989 entstanden weit über 750 Senkrechtaufnahmen für das gesamte West-Berliner Stadtgebiet, wobei das bildaufnehmende Luftfahrzeug weit über die sogenannte „Zonengrenze“ und über die Grenzanlagen der DDR hinausflog. Der Blick auf militärische Einrichtungen, die sich unmittelbar hinter der Mauer auf ostdeutschem Gebiet befunden hatten, war damit aus der Luft dokumentiert worden.

Zur historischen Bedeutung der Berliner Luftbilder

Wir müssen uns stichwortartig in Erinnerung rufen, dass diese Luftaufnahmen bereits am 25. April 1989 erstellt worden sind: Die erste Montagsdemonstration, ein bedeutendes Zeugnis für die friedliche Revolution in der DDR, hatte erst am 4. September 1989 in Leipzig stattgefunden. Knapp drei Wochen später, am 30. September 1989, verkündete Hans-Dietrich Genscher vom Balkon der westdeutschen Botschaft in Prag die Ausreisegenehmigung für Tausende Flüchtlinge aus der DDR, die auf dem Gelände der Botschaft Asyl gesucht hatten. Davon völlig unbeirrt feierte die Staatsführung der DDR weitere vier Wochen später am 7. Oktober 1989 noch den 40. Jahrestag der Gründung der DDR. Erst weitere vier Wochen später, nämlich am 9. November 1989, wurde die Berliner Mauer geöffnet, die seit dem 13. August 1961 bestanden hatte. Die Wiedervereinigung Deutschlands fand schließlich erst am 3. Oktober 1990 statt, also eineinhalb Jahre nachdem der Bildflug vom 25. April 1989 durchgeführt wurde.

Markus Lenz deklariert alle diese drei genannten Bildbestände von 1954, von 1959 sowie von 1989 als außerordentlich wertvolle und sehr seltene Zeitdokumente der deutschen Geschichte. Diese Luftaufnahmen bzw. Luftbilder besitzen einen solch hohen zeithistorischen Wert für die Stadt Berlin, dass er sich dazu entschieden hat, alle Schräg- und Senkrechtaufnahmen digital zu restaurieren, Flugstrecken zu analysieren, eine Belichtungskorrektur pro Einzelbild vorzunehmen und zu veröffentlichen.

Internetseite der „Trolley Mission“ als Langzeitspeicher

Der beste Ort, um diese Berliner Luftbildaufnahmen zu präsentieren, war aus speicherplatz- und datentechnischen Gründen die Internetseite der „Trolley Mission“. Deshalb muß ausdrücklich betont werden, dass die Berliner Luftaufnahmen aus historischer Sichtweise definitiv nichts mit der Flugmission der damaligen United States Army Air Forces (USAAF) bzw. der heutigen United States Air Force (USAF) zu tun haben, sondern lediglich die Internetseite www.trolley-mission.de als Langzeitspeicherplattform genutzt wird.

Sie sind herzlich eingeladen, nicht nur diese historischen Luftbilder von Berlin anzuschauen, sondern auch Hinweise oder Kommentare zu einzelnen Luftaufnahmen bzw. zu Gebäuden und Straßen via E-Mail einzureichen. Ihr Kommentar bzw. Ihre Bildbeschreibung wird entweder anonymisiert oder auf Wunsch mit voller Namensnennung auf dieser Internetseite veröffentlicht. Um Ihre Beschreibung exakt dem richtigen Bild zuzuordnen und um Verwechslungen zu vermeiden, nutzen Sie hierzu bitte den Bildcode (Signatur), der unter jeder Aufnahme eingefügt ist.

Kontaktinformationen

Markus Lenz, Frankfurt am Main, DE
E-Mail: aviation @ markus-lenz.de
Telefon: 069 - 2475 3034 (Anrufbeantworter)

Information

Dieses Forschungsprojekt von Markus Lenz befaßt sich mit der Analyse von Luftaufnahmen und Auswertung von Luftbildern der Stadt Berlin (West-Berlin) aus dem Jahre 1954, die während einer Befliegung der Firma Hansa Luftbild AG neun Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind.